FC Augsburg
Sonntag, 08.05.2011: Ein Orkan bricht los, als die Stadionuhr in der Augsburger Impuls-Arena 15:18 Uhr zeigt. Zu dieser Zeit hat Schiedsrichter Robert Kempter die Partie zwischen dem FC Augsburg und dem FSV Frankfurt abgepfiffen. Bei einem Spielstand von 2:1 für die Kicker aus Schwaben. Mit diesem Ergebnis wird der FCA erstmals in der 104-jährigen Vereinsgeschichte erstklassig.
Der Vorsprung auf den VfL Bochum, welcher heute mit 3:1 in Osnabrück gewann, beträgt vor dem 34. und somit letzten Spieltag 3 Punkte. Allerdings ist die Tordifferenz der Schwaben mit +32 Toren deutlich besser als die des VfL (+12 Tore). Damit steht der Aufstieg der Augsburger fest, obwohl sie rein theoretisch noch aufgeholt werden können. Dazu wäre aber eine extrem hohe Niederlage des FCAs und ein sehr hoher Sieg des VfL Bochums notwendig.
Nach dem Schlusspfiff spielen sich zuerst beängstigende Szenen ab. Einige Zuschauer aus dem M-Block, in welchem die treuesten Fans der Augsburger stehen, versuchen, zu ihren Lieblingen auf den Rasen zu kommen und drücken nach unten zu den Fluchttoren. Um Schlimmeres zu verhindern, wird ein Tor geöffnet und einige Dutzend Zuschauer stürmen das Feld. Das Geschehen scheint zu eskalieren, als Polizei und Ordner versuchen, diese zurückzudrängen.
Ein Mann behielt jedoch in dieser Situation einen kühlen Kopf: Der augsburger Coach Jos Luhukay. Mit einer flammenden Rede, welche direkt auf die Stadionleinwand übertragen wird, beruhigt er die Menge. Die Party ging erst richtig los, als der Cheftrainer das Lied "Nie mehr zweite Liga" anstimmte.
Dabei hatte der Tag so ruhig begonnen. Das erwartete Verkehrschaos vor dem Spiel blieb aus. Viele Fans fuhren an diesem sonnigen Muttertag mit dem Fahrrad ins Stadion.
Mit diesem Gefährt erreichte man zu Beginn dieses Jahrtausends auch gemütlich das alte Stadion des FCA, das Rosenaustadion. Dort am Wertachkanal begann der märchenhafte Aufstieg des FCA, der gestern seinen vorläufigen Höhepunkt erreichte. Walter Seinsch, der Vorstandsvorsitzende der Schwaben, stieg im Herbst 2000 bei den Augsburgern ein, welcher zu diesem Zeitpunkt kurz vor der Insolvenz stand. Der ehemalige Textilunternehmer aus dem Rheinland übernimmt das Zepter. Es ist unternehmerisches Kalkül. Hier kann der „Fußball-Jeck“, wie er sich selbst einmal bezeichnet hat, seine Vision vom Fußball verwirklichen, ohne dass ihm dreingeredet wird. Und er hat große Träume: Aufstieg in die Bundesliga und ein neues Stadion.
Genau dies sind seit gestern keine Träume mehr, sondern es ist Realität. Der FCA ist der 51. Bundesligist seit Gründung im Jahre 1963, und vor den Toren Augsburgs, direkt an der B17, steht ein wunderschönes funktionales Fußballstadion, welches der Verein zum größten Teil selbst finanzierte.
Bis dahin war es ein weiter Weg. Am 8. Mai 2001 verliert der FCA in der Bayernliga zu Hause gegen den FC Bayern Hof mit 1:2. 300 Zuschauer pfeifen sich die Seele aus dem Leib. Ein Jahr später feiert der Verein den Aufstieg in die Regionalliga. 4:0 gewinnt der FCA gegen den FV Würzburg. Ein Sponsor verteilt 5000 Freikarten, jedoch kamen nur 3100 Fans ins Rosenaustadion. Das ist erst zehn Jahre her.
Dazwischen damals und heute liegen glückliche Momente, Tränen, dramatische Spiele, Jubel, harte Arbeit und auch viel Geld, das die Investorengruppe um Walther Seinsch in den FCA pumpt.
Gestern waren alle 30 660 Plätze in der Impuls-Arena gefüllt. Die Augsburger haben in den letzten Wochen ihr Herz für den FCA entdeckt und sich vom Aufstiegsfieber anstecken lassen. Es hat etwas gedauert, aber das ist nach 23 in Dritt- und Viertklassigkeit mehr als normal. Es war mehr als eine Fan-Generation verloren gegangen, die jetzt ihren Weg zum FCA wieder gefunden haben. Die wachsende Fangemeinde kann sich jetzt auf schönen Erstliga-Fußball freuen.
Doch was sind die Gründe für den Super-Frühling 2011? Der hat seine Wurzeln im April 2009. Der FCA steht kurz vor dem Abstieg aus der zweiten in die dritte Liga, als der damalige Trainer Holger Fach durch den Niederländer Jos Luhukay ersetzt wird. Dieser rettet den FCA. Danach geht es Schritt um Schritt nach oben. In der vergangenen Saison wird der FCA erst in der Relegation gegen den 1. FC Nürnberg gestoppt. Daraus ziehen Manager Andreas Rettig und Luhukay, die ein perfekt harmonierendes Duo bilden, die richtigen Lehren. Sie stellen einen breiten Kader mit viel Qualität zusammen. Und Luhukay gelingt es, alle Spieler trotz starker Rotation bei Laune zu halten. Es zählt nur das Kollektiv.
Darum geht dem FCA auch am Ende nicht die Luft aus, wie das gestrige Spiel eindrucksvoll zeigt.
Und was macht Walther Seinsch an diesem Tag, an dem sich sein Lebenswerk erfüllt? Seit längerer Zeit führt der FCA-Vorstandsvorsitzende, der sich vor einigen Monaten wegen Depressionen in ärztliche Behandlung gab, den Verein von der Ferne aus. So hält er es auch gestern. Er verfolgt das Spiel in seinem Haus in Lindau. Mit dem Schlusspfiff aber setzt er sich ins Auto und fährt nach Augsburg. Nicht einmal zwei Stunden später feiert er mit seiner Mannschaft und den verbliebenen Fans in der Impuls-Arena.
Auch außerhalb des Stadions wurde viel gefeiert. Die Kneipen waren voll und Auto-Corsos mit FCA-Flaggen fuhren durch die ganze Stadt. Auch die umliegenden Ortschaften und Städte waren beteiligt.
Somit stehen die zwei direkten Aufsteiger in die erste Bundesliga fest. Hertha BSC Berlin und der FC Augsburg. Die beiden Mannschaften, welche am letzten Spieltag der Saison nächsten Sonntag um 13:30 Uhr im Berliner Olympiastadion aufeinander treffen. Es wird also nur ein besseres Freundschaftsspiel.
Da ich ca. 5 Kilometer von Augsburg weg wohne, habe ich davon einiges mitbekommen. Zwar war ich nicht im Stadion, aber es gibt ja auch noch den Fernseher
Eins ist hier zu sagen: Wir wünschen dem FC Augsburg viel Erfolg in Liga Eins.
Alle Ergebnisse aus der zweiten Liga:
1. Liga
Nachdem am letzten Wochenende der Deutsche Meister (Borussia Dortmund) feststand, hat der FC Bayern München gegen St. Pauli ein Feuerwerk abgebrannt. Die Münchner gewannen mit 8:1 gegen die Kiez-Kicker. Damit stellten sie ihren bisherigen Auswärtsrekord ein, welcher bisher bei 7:1 gegen Borussia M'gladbach lag. Gleichzeitig brachte dies den höchsten Saisonsieg der Münchner und auch die höchste Saisonniederlage für die St. Paulianer, welche jetzt auch sicher abgestiegen sind. Ich wünsche ihnen viel Erfolg in Liga Zwei und auf ein baldiges wiedersehen in der Erstklassigkeit.
Alle Ergebnisse aus der ersten Liga:
„Es sind nicht unsere Fähigkeiten, die zeigen, wer wir wirklich sind, es sind unsere Entscheidungen.“